Koalition im Krisenmodus | Teil 7 Bundesregierung verfehlt Ziele für Wohnungsbau deutlich

13. September 2022, 05:00 Uhr

Gerade in Krisenzeiten steigt die Nachfrage nach Sozialwohnungen und billigen Wohnungen. Doch die Bund und Länder verfehlen die hochgesteckten Ziele bei Bau von neuen Wohnungen. Zusätzlich wird der Mangel an Wohnungen durch die Geflüchteten aus der Ukraine verstärkt.

Es war einmal eine Ampel-Koalition, die wollte pro Jahr 400.000 Wohnungen bauen. Allerdings geht dieser Wunsch wie im Märchen nicht in Erfüllung. 2021 waren es nur 293.000. In diesem Jahr könnte das Ziel noch deutlicher verfehlt werden.

Bauzinsen und Preise stoppen und verzögern Wohnungsneubau

Durch die steigenden Bauzinsen und Preise für Baumaterial werden viele Projekte gestoppt oder langsamer fertiggestellt. Und das bei einem steigenden Bedarf. Immerhin gab es in diesem Jahr bereits einen Bevölkerungszuwachs von über 900.000 Menschen, vorranging durch Flüchtlinge aus der Ukraine. Das verschärft vor allem in Großstädten den Kampf um billigen Wohnraum. In Berlin zählt man meist mehrere hundert Bewerber auf eine Sozial- oder billige Wohnung.

Nur im ländlichen Raum ist die Lage noch entspannter. Zwar hat der Bund die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von einer Milliarde Euro auf 3,5 Milliarden Euro erhöht, aber das reicht nach Expertenmeinung niemals aus, den Bedarf zu decken. Sie gehen von einem vierfachen Fördervolumen aus und fordern 12,5 Milliarden Euro pro Jahr. Nur wird das Finanzminister Christian Lindner nicht mitmachen.  

Wohngeldreform soll Mieter entlasten

Aber der Mangel an Wohnraum treibt auch die Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt auf Höchststände. Wenn dann noch wie jetzt die Nebenkosten durch die Strom- und Gaspreise explodieren, können sich auch Familien mit mittleren Einkommen angemessenen Wohnraum kaum noch leisten können. Besonders aber auch Studenten und Auszubildende finden kaum eine bezahlbare Wohnung.

Eine Entspannung soll die Wohngeldreform bringen. Besonders die Regeln für den Heizkostenzuschuss sollen so verändert werden, dass statt 650.000 Menschen ca. zwei Millionen anspruchsberechtigt sein werden. Die Kosten dafür müsste der Bund aufbringen und über die Länder an die Betroffenen verteilen.

Klimavorschriften machen Bauen zusätzlich teurer

Ein weiteres Problem, dass das Bauen verzögert und teurer macht, sind neue Bauverordnungen mit ständig erhöhten und teuren ökologischen Anforderungen. Da besonders der Baubereich die Klimaziele für dieses Jahr verfehlt hat, ist im Herbst noch einmal mit einer Verschärfung der Regelungen für Klimaschutz am Bau und bei der Sanierung von Wohnungen zu rechnen. Klara Geywitz hofft auf Abhilfe, gerade auch bei den Baukosten, wenn als ökologische Maßnahme für den Klimaschutz statt Beton und Zement mehr Holz als nachhaltiges Baumaterial eingesetzt wird. Doch auch dafür steigen die Preise.

Schnelle Lösungen sind für die Situation auf dem Wohnungsmarkt jedenfalls nicht zu erwarten. Aber die Bundesregierung muss dringend dieses soziale Problem in Angriff nehmen. Durch den anhaltenden Krieg und seine Folgen, wie Hungersnöte in Afrika ist im Winter mit einer weiteren Flüchtlingswelle zu rechnen. Deshalb sind schon jetzt eigentlich 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu wenig. Doch schon dieses Wunschziel scheint unerreichbar.

Baustellen-Ampel: Krieg, Krise und Konflikte Noch keine deutsche Regierung nach der Gründung der Bundesrepublik 1949 musste eine solche Krise bewältigen.

Der Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine beeinflusst das politische Handeln der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP auf fast allen Ebenen und stellt die Regierung im Herbst zahlreiche Probleme und schwere Entscheidungen.

Die zentrale Frage: Wie kann man die Belastungen durch die Folgen des Krieges für die Bevölkerung und die Wirtschaft zu begrenzen, dass Deutschland nicht in eine tiefe ökonomische und gesellschaftliche Krise rutscht. Die Parameter sind äußerst ungünstig: Ein Ende des Krieges ist nicht abzusehen. Die Energiepreise explodieren. Die Inflation strebt der 10-Prozent-Grenze zu. Unser Wohlstand ist bedroht. In den nächsten Tagen wollen wir mit unseren Beiträgen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Baustellen der Regierung vorstellen und die bisher bekannten Lösungsansätze. Die Entwicklung ist allerdings so dynamisch, dass wir sicher den ein oder anderen Beitrag überarbeiten und der aktuellen Lage anpassen müssen.

Die Baustellen-Ampel: Alle Artikel der Serie

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 14. Januar 2022 | 19:30 Uhr

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