Schüler während einer Unterrichtsstunde
Neben dem Zustand des Schulgebäudes hatten die Lehrkräfte auch die Gewaltbereitschaft der Grundschüler kritisiert. (Symbolbild) Bildrechte: imago images / photothek

Marodes Gebäude, fehlendes Personal Brandbrief von Grundschullehrern aus Halle stößt auf Kritik beim Landesschulamt

16. April 2023, 12:33 Uhr

In einem Brandbrief haben Lehrkräfte der Grundschule Südstadt in Halle unter anderem den Zustand des Gebäudes und die fehlende Schulleitung kritisiert. Nun haben sich Landesschulamt und Stadt zu Wort gemeldet. Die Sanierung sei geplant, neue Stellen zudem ausgeschrieben, heißt es in den Stellungnahmen. Der Brief schade lediglich dem Ansehen, so das Schulamt.

Sachsen-Anhalts Landesschulamt hat einen Brandbrief von Lehrkräften der Grundschule Südstadt in Halle kritisiert. Zuvor hatten Lehrende der Grundschule verbale Gewalt, Baumängel und massive strukturelle Probleme beklagt – etwa das Fehlen der Schulleitung.

Schulamt: Stellen ausgeschrieben, Brief verschlechtere Chancen

Man sei überrascht von dem Schreiben, das 15 der 29 Lehrkräfte der Grundschule unterschrieben hätten, heißt es in einer Stellungnahme. Das Schulamt befasse sich schon lange intensiv mit der Schule. Drei Stellen seien ausgeschrieben, inklusive einer Zulage, um die Attraktivität zu erhöhen.

Der Brandbrief schade allerdings dem Ansehen der Schule und verschlechtere die Chance, die offenen Stellen zu besetzen, erklärte das Amt. Überdies beträfen einige Kritikpunkte nicht das Schulamt, sondern die Polizei und die Stadt Halle als Schulträger. Das Amt will sich weiter regelmäßig mit den Lehrern austauschen.

Sanierungsbedarf der Stadt bekannt

Die Stadt Halle teilte auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit, der Zustand des Gebäudes sei bekannt und eine Sanierung für die kommenden Jahre im Haushalt eingeplant. Neue Schulmöbel soll es den Angaben zufolge bereits in diesem Jahr geben.

In dem Brandbrief beklagen die Lehrkräfte auf zwei DIN A4 Seiten das Fehlen von Schulleitung und Stellvertreter sowie einer Sekretärin. Kritik gibt es auch am Zustand des Gebäudes: Es sei undicht, auch falle Putz von den Wänden.

Gewaltbereite Schüler

Zudem beklagen die Lehrkräfte die Gewaltbereitschaft der Grundschülerinnen und -schüler. Drohungen wie "ich stech dich ab" und Beleidigungen gehörten seitens der Grundschüler und deren Eltern zur Tagesordnung – polizeiliche Hilfe gebe es nicht.

Von der Polizei hieß es hierzu, solche Probleme an Schulen in der Neustadt und der Südstadt seien zwar bekannt, allerdings betreffe das eher weiterführende Schulen. Grundschulen seien bislang nicht als Problemschwerpunkt ausgemacht, so Sprecher Michael Ripke.

Dem Brief zufolge haben zahlreiche Lehrer Überlastungsanzeigen eingereicht und sind bereits in psychologischer Behandlung. Das Schreiben endet mit der Forderung eines Gesprächstermins.

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MDR (Marc Weyrich, Cornelia Winkler) | Erstmals veröffentlicht am 13.04.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. April 2023 | 08:30 Uhr

53 Kommentare

Anita L. am 15.04.2023

Wenn Eltern es als Verstoß gegen die freie Entfaltung ihrer Kinder ansehen, dass diese den Besen schwingen oder von ihnen beschmierte Bänke nach dem Unterricht zu säubern haben, wenn die "Dissidenten" im Dresdner Stadtrat durchsetzen wollen, dass Schwarzfahren "entkriminalisiert" werde, wenn jeder (Erwachsene) glaubt, Regeln nicht befolgen zu müssen, weil er sie als unsinnig ansieht (ich erinnere an Corona, Straßequeren bei Rot), wenn Meinungsfreiheit bedeutet, Menschen als "dumme Kuh" bezeichnen oder Polizisten Widerstand leisten zu dürfen, das Petzportal einer bestimmten Partei zu nutzen, sobald im Unterricht kontrovers über gesellschaftliche Missstände diskutiert wird, brauchen wir uns über die Umgangsformen unserer Kinder absolut keine Fragen stellen, bekommen sie doch täglich vorgelebt. Wie soll das Amt da denn den Kolleg*innen den Rücken stärken? Die Umgangsformen werden nicht besser, wenn alle Stellen besetzt sind.

Anita L. am 15.04.2023

Weder behaupte ich, dass es mir besser ginge, noch vertrete ich das Schulamt. Ja, auch wir in Sachsen bzw. in meinem Kollegium schimpfen gern mal schnell auf das Amt, aber am Ende ist uns allen klar, dass das Amt respektive die Bildungspolitik unserer Länder für die fehlenden Kolleg*innen verantwortlich gemacht werden können, aber das war's dann auch schon. Wenn ich mich vor der Mutter eines Gymnasiasten eine halbe Stunde lang rechtfertigen muss, warum ihr Söhnchen nur eine Drei auf die Hausaufgabe erhält, wie ich überhaupt auf die Idee käme, Hausaufgaben zu bewerten und dass die anderen Schüler*innen sich ja alle die Lösungen zugeschanzt hätten, dann ist für so ein Gespräch weder Amt noch Polizei verantwortlich, sondern das Anspruchsdenken (auf gute Bewertung) unserer Gesellschaft.

Teil zwei folgt....

Anita L. am 15.04.2023

@Skywalker, das ist mein täglich Brot. Ich bin Lehrerin an einem beruflichen Schulzentrum. Wir unterrichten neben dem BVJ (für Schüler ohne Schulabschluss, aber Schulpflicht) auch VKA-Klassen (Vorbereitungsklassen für Migranten), Berufsschulklassen mit teilweise 80 Prozent Migrationsanteil und die Gymnasialstufe. Willkommen in der Realität. Fehlenden Respekt erleben wir unabhängig von der Herkunft, dem sozialen Stand und dem Geschlecht, sowohl unseren männlichen als auch den weiblichen Kollegen gegenüber. Genau deshalb bleibe ich auch bei meiner Aussage, dass dieses Thema ein gesamtgesellschaftliches und komplexes ist, das garantiert nicht durch das Schulamt oder die Polizei gelöst werden kann, geschweige denn verursacht wird.

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