Einweihungsfeier Magdeburg hat wieder eine Synagoge
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Von Sebastian Mantei, MDR SACHSEN-ANHALT
11. Dezember 2023, 12:17 Uhr
Jüdinnen und Juden in Magdeburg beteten bisher in kleinen Gemeinderäumen am Bahnhof Neustadt. Nun ist in der Innenstadt die Synagoge eingeweiht worden. Der Bau wurde zum Teil aus Spenden finanziert.
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- In Magdeburg ist die neue Synagoge mit einem Festakt eingeweiht worden.
- Eine Synagoge in Magdeburg war vor 85 Jahren von den Nazis zerstört worden.
- Es ist nach Dessau die zweite Synagoge, die in den vergangenen Monaten in Sachsen-Anhalt eröffnet wurde.
In Magdeburg ist am Sonntag die neu gebaute Synagoge offiziell eingeweiht worden. Zum Festakt waren unter anderem Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sowie der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, anwesend.
Gäste aus Deutschland und Israel
Aus Deutschland und Israel sind Gäste nach Magdeburg gereist, um der feierlichen Eröffnung der neuen Synagoge beizuwohnen. Josef Schuster deutete diese Synagogeneröffnung als ein besonders wichtiges und positives Signal in der Zeit nach den Terrorangriffen auf Israel. Diese Synagoge biete die Möglichkeit der selbstverständlichen Religionsausübung. Es sei ein Schritt in Richtung Normalität.
Die jüdische Gemeinschaft stehe in diesen Zeiten zusammen und man werde sich das jüdische Gemeindeleben nicht durch Angst rauben lassen. Schuster dankte allen Menschen, die zum Bau dieser Synagoge beigetragen haben, wie dem Förderverein und würdigte das Engagement der jüdischen Kulturtage in Magdeburg. Diese haben trotz der Terrorangriffe auf Israel in Magdeburg stattfinden können und allen Juden und Jüdinnen der Stadt in dieser schweren Zeit beigestanden.
Jüdische Gemeinde zuvor in provisorischen Räumen
Für die Synagogengemeinde Magdeburg beginnt mit der Einweihung des Neubaus eine neue Ära: Seit den 1960er Jahren residierte die kleine Gemeinde in einem bescheidenen Provisorium am Neustädter Bahnhof in Magdeburg. Dort wurde ein Wohnhaus zur Synagoge umfunktioniert. Die Räume sind klein und gemütlich und haben nichts von der Pracht der 1938 zerstörten Synagoge, deren orientalisch anmutende Türme aus dem engen Häusermeer der Innenstadt emporragten.
Gemeindevorsitzende: "Tolle Energie mitnehmen"
Die Magdeburger jüdische Gemeinde war zu DDR-Zeiten eine der kleinsten in Ostdeutschland, die erst durch den Zuzug von sogenannten jüdischen Kontingentflüchtlingen aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten zu neuer Größe erwuchs. Sie beteten teilweise zum ersten Mal in Freiheit in den bescheidenen Räumen in der Magdeburger Neustadt.
Für sie ist die Eröffnung des neuen Gebäudes ein großer Schritt, der zeigt, dass sie in Magdeburg eine Zukunft haben sollen. Gemeindevorsitzende Inessa Myslitska ist gerührt. Sie sagt, dass sie die "tolle Energie" aus den alten Gemeinderäumen, die durch die vielen Gebete an Gott und die Erinnerungen an eine schöne und bewegende Zeit entstanden seien, mit in die neue Synagoge in der Julius-Bremer-Straße nehmen werde.
Neubau in der Julius-Bremer-Straße im Zentrum
Schlicht und zurückhaltend fügt sich der Neubau wie ein ockerfarbener Quader mit einem kleinen Längsbau in die Lücke zwischen einen Wohnblock und ein Hotel. Was von außen bescheiden wirkt, ist von innen hell und freundlich. Im Gebetsraum bestimmen weiße und braune Töne das Erscheinungsbild.
Nach orthodoxem Ritus befinden sich die Sitzplätze für die Männer in der Mitte, umringt vom Gestühl der Frauen, das an den äußeren Seiten des Gebetssaals angeordnet ist. Die Thorarollen, die fünf Bücher Moses, befinden sich hinter einem blauen samtenen Vorhang im Thoraschrein.
Die Vorsitzende der Gemeinde, Inessa Myslitska hoffe, dass die Gottesdienste gut besucht sein werden, Gläser klirren wenn es Hochzeiten gibt und viel Kinderlachen diese Räume erfüllen möge. Sie wünsche sich ein lebendiges Gemeindeleben und dafür scheinen die Räume in der neuen Synagoge ideal zu sein.
Neue Synagoge in Magdeburg durch Spenden finanziert
Hinter der Synagogengemeinde stehen auch viele Magdeburgerinnen und Magdeburger, die sich mit Spenden am Aufbau der neuen Synagoge beteiligt haben: 500.000 Euro sammelte allein der "Förderverein Neue Synagoge".
Neben Bürgern der Stadt gehören auch ehemalige Mitglieder der Gemeinde von vor 1938 und deren Nachfahren zu den Spendern, sagt die ehemalige Superintendentin Waltraud Zachhuber vom Förderverein. Sie erzählt vom letzten Willen Martin Freibergs, einem früheren Mitglied der jüdischen Gemeinde Magdeburgs. Es habe sie im Förderverein alle sehr bewegt. Zum Beispiel, als Martin Freiberg in Australien starb, sammelte seine Familie für die Synagoge eine Spende, anlässlich seiner Beerdigung.
Insgesamt hat der Bau der neuen Synagoge 7,6 Millionen Euro gekostet. Davon entfielen 2,8 Millionen Euro allein auf die Sicherheitstechnik. Jüdische Einrichtungen benötigen einen besonderen Schutz vor antisemitischen Angriffen. Neben der Unterstützung von Land und Bund hat die Gemeinde selbst 300.000 Euro aufgebracht.
Zweite neue Synagoge in Sachsen-Anhalt
Landesrabbiner Daniel Fabian ist begeistert, dass es innerhalb kurzer Zeit eine zweite Synagoge in Sachsen-Anhalt gebe. Das sei nicht nur besonders für die jüdische Gemeinde in Magdeburg und Dessau sondern für Jüdinnen und Juden in ganz Deutschland.
Besonders freue ihn, dass bei der feierlichen Eröffnung auch Vertreter der Kirchen und der islamischen Gemeinde in Magdeburg dabei waren. Das zeige, dass Religion auch Verständnis für andere Religionen haben kann und es mache Hoffnung, dass Juden, Muslime und Christen die Eröffnung dieses Gotteshauses gemeinsam feiern können.
Erster Gottesdienst am Freitag
Bereits am Freitag fand im neuen Gebetsraum der Synagogengemeinde der erste Gottesdienst statt, nach dem mehrere Thorarollen von Landesrabbiner Daniel Fabian und anderen jüdischen Geistlichen festlich in die Gemeinde getragen wurden. Mit hunderten Menschen machten sie sich dafür auf den Weg vom Standort der 1938 zerstörten Synagoge zur neuen Synagoge.
MDR (Sebastian Mantei, Julia Heundorf) | Erstmals veröffentlicht am 10. Dezember 2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 10. Dezember 2023 | 19:00 Uhr
Denkschnecke vor 52 Wochen
Aber das ist doch hier getrennt?
Übrigens mag man "in der letzten Zeit" oft davon lesen, aber dennoch sind es im ganzen Osten Deutschlands in den letzten zehn Jahre nur zwei, nämlich in Dessau und Magdeburg; ene dritte wird in Potsdam gebaut.
faultier vor 52 Wochen
Obwohl ich sonst strikt für die Trennung von Kirche und Staat bin finde ich es richtig das eine Synagoge auch von Steuergeldern gebaut wird waren es nicht Hitlers Schergen die die alte zerstört hat und 1000 jAHRE und tausend Jahre Judentum in Magdeburg gehören zur Geschichte . Die Finanzielle Unterstützung von Moscheebauten lehne ich aber ab aus geschichtlichen und kulturellen Gründen.
schwester65 am 11.12.2023
Oft liest man in der letzten Zeit über den Bau oder die Einweihung von Synagogen oder Moscheen und es ist gut, wenn Menschen dort auch ihr Religion ausüben können.
Dennoch bin ich der Meinung, daß Religion auch die Privatsache der Gläubigen ist und eine strikte Trennung von Staat und Religion
erforderlich ist.