Symbolbild - Kartenzahlung in einem Laden
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Versorgung Bezahlkarte für Asylbewerber bringt Schwierigkeiten für Sozialeinrichtungen

02. Februar 2024, 16:19 Uhr

Die Bundesländer haben sich in dieser Woche auf die Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. Viele Leistungen für Asylbewerber sollen nicht mehr in bar ausgezahlt, sondern auf eine Scheckkarte gebucht werden. Für soziale Einrichtungen, wie zum Beispiel die Tafeln im Vogtland, könnte das zum Problem werden.

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Im Vogtland versorgt die Plauener Tafel insgesamt 3.500 Kunden. Darunter sind auch etliche Asylbewerber. Sollten sie demnächst mit der Bezahlkarte den Obolus für ihre Lebensmittel begleichen wollen, werde das nicht möglich sein, sagt Tafel-Chefin Konstanze Schumann. "Wir als Tafel haben nicht die Technik dafür, um mit diesen Karten - ganz gleich, welches System zur Anwendung kommt - die finanzielle Abwicklung für die Kunden durchzuführen."

Konstanze Schumann, Geschäftsführerin des Arbeitslosenverbands Sachsen e.V. in einem improvisierten Verkaufsraum.
Konstanze Schumann von der Plauener Tafel hat nicht die technischen Voraussetzungen für die Einführung von bargeldlosem Bezahlen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Gleiches gelte bei der Möbelbörse, die ebenfalls zur Tafel gehört. Für kleines Geld können hier Bedürftige eine Grundausstattung für die Wohnung bekommen. Leiterin Christine Kelpin hat keine Ahnung, wie das zukünftig für Geflüchtete mit Bezahlkarte funktionieren soll, da das in bar zur Verfügung stehende Taschengeld meist nicht reichen werde.

"Das ist ein Betrag von 20 bis 500 Euro, wenn beispielsweise ein komplettes Schlafzimmer oder eine Küche zu bezahlen ist." Sie wisse nicht, ob das künftig mit Rechnung abgewickelt werden solle oder ob das Sozialamt die Kosten übernehme. "Der Aufwand ist für uns immens."

Sozialkaufhaus Chemnitz plant Einführung von EC-Geräten

Im Chemnitzer Sozialkaufhaus "Sparbüchse" hat man sich bereits Gedanken über die Bezahlkarte gemacht, sagt Projektleiter Eric Schreyer. "Wir denken schon seit Mitte vergangenen Jahres über die Einführung von EC-Cash-Geräten nach, weil das allgemein ein Thema für uns ist."

Allerdings sei das nicht nur eine Frage der Anschaffungskosten, denn auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen müssten im Umgang mit den Geräten geschult werden. "Trotzdem denke ich, dass wir Mitte des Jahres bereit sein könnten, wenn die Bezahlkarte eingeführt wird."

In der "Sparbüchse" gibt es laut Schreyer alles, was für den täglichen Gebrauch nötig ist, von Haushaltswaren, über Bekleidung und Spielzeug bis hin zu Möbeln.

Sozialverein im thüringischen Greiz noch ohne Kartengerät

Vor der Herausforderung des bargeldlosen Bezahlens steht derzeit auch der Verein "Sozial aktiv" im thüringischen Gera. Er betreibt unter anderem Tafel und Möbelhof in Greiz. Hier gibt es die Bezahlkarte für Asylbewerber bereits seit gut einem Monat als Modellprojekt. Erste Auswirkungen seien spürbar, sagt Vereinschefin Kathrin Kaul. "Eine einzige Person war bis jetzt da." Die habe aber Bargeld bei sich gehabt und hat deswegen die Lebensmittel mitbekommen. "Es wird jedoch zunehmen, denke ich." Auch hier sei das größte Problem der Möbelkauf, weil das für die Leute nicht mehr in bar bezahlbar sei.

Marktplatz zu Greiz.
Im thüringischen Greiz gibt es die Bezahlkarte und die damit einhergehenden Probleme der Tafel bereits seit Dezember 2023. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kritik: Entscheidung ohne Sozialvereine gefallen

Ärgerlich sei, dass die sozialen Einrichtungen vorab nicht in die Einführung des Bezahlkartensystems einbezogen gewesen seien, sagt Kaul. "Zu uns kam gar nichts. Also, wir wurden wirklich vor die Tatsachen gestellt." Sie würde sich wünschen, dass die Vereine in solche Entscheidungen einbezogen würden. Das bargeldlose Bezahlen sei kurzfristig für den Geraer Verein absolut unrealistisch.

Das bekräftigt auch Waltraud Klarner von der Plauener Tafel. "Technisch würde es sicher machbar sein, aber das können wir nicht bezahlen." Man brauche dann Internetanschlüsse an jeder Außenstelle, für die es keine Mittel vom Staat oder vom Landkreis gebe.

Durch den fehlenden Service gibt es in Plauen und Greiz die gleiche Befürchtung. Mit Einführung der Bezahlkarte werden wohl zukünftig weniger Geflüchtete die Angebote und Dienstleistungen der Tafel nutzen können.

Eine Bezahlkarte wird bei einer Pressekonferenz gezeigt.
Im Landkreis Greiz wurde die Bezahlkarte für Asylbewerber bereits im Dezember eingeführt. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Schackow

Bundesländer haben sich auf Bezahlkarte geeinigt

Von den 16 Bundesländern haben sich bereits 14 auf die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete geeinigt. Nach Angaben der Deutschen Presseagentur beschreiten nur Bayern und Mecklenburg-Vorpommern einen Sonderweg.

MDR (tfr/bsc)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 31. Januar 2024 | 16:30 Uhr

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