Heizungsraum mit mehreren modernen Sole-Wasser-Wärmepumpen
Das Heizungsgesetz kann ab 2024 in Kraft treten. Bildrechte: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Ländervertretung Bundesrat macht Weg für Heizungsgesetz frei

29. September 2023, 14:32 Uhr

Das Gebäude-Energiegesetz kann ab Anfang nächsten Jahres in Kraft treten. Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat die Vorlage gebilligt. Beim Thema Industriestrompreis macht nun auch die Länderkammer Druck. Kritikpunkte gibt es dagegen bei der geplanten Cannabis-Legalisierung. Eine Übersicht über Beschlüsse im Bundesrat.

Heizungsgesetz kann kommen

Der Bundesrat hat das Heizungsgesetz gebilligt. Ein Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen, fand keine Mehrheit. Damit kann das Gesetz Anfang 2024 in Kraft treten. Nach langen Konflikten innerhalb der Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte der Bundestag das Gebäudeenergiegesetz, umgangssprachlich als Heizungsgesetz bezeichnet, vor drei Wochen beschlossen.

Das Heizungsgesetz bedarf an sich nicht der Zustimmung der Länder, wird aber – wie jeder Bundestagsbeschluss – dem Bundesrat zur Entscheidung über Billigung oder Anrufung des Vermittlungsausschusses zugeleitet.

Heizungsthermostat mit Etikett und Aufschrift Gebäudeenergiegesetz auf Gesetzbuch und Geldscheinen 4 min
Bildrechte: IMAGO / Christian Ohde

Forderung nach Industriestrompreis

Die Bundesregierung soll nach Aufforderung der Länderkammer möglichst zeitnah und in Abstimmung mit der EU-Kommission ein Konzept für einen sogenannten Brücken- und Transformationspreis vorlegen. Es gehe dabei vor allem um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf dem internationalen Wirtschaftsmarkt. Außerdem wird die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß angeregt. Die Netzentgelte müssten zudem neu geregelt werden. Die Entschließung war erwartet worden, der Bund müsste bei einer Einführung die Kosten tragen.

Erst am Donnerstag hatte Kanzler Olaf Scholz erneut seine Skepsis gegenüber der Einführung eines Industriestrompreises betont, den auch Finanzminister Christian Lindner ablehnt.

Kritikpunkte bei Cannabis-Legalisierung

Der Bundesrat hat seine Kritikpunkte zur geplanten Cannabis-Legalisierung deutlich gemacht und fordert verschiedene Klärungen. Die Länderkammer meldete am Freitag unter anderem Zweifel an der Wirksamkeit vorgesehener "Schutzzonen" zum Jugendschutz an. Kontrollen seien in der Praxis schwer umsetzbar, auch in privaten Räumen. Weiterhin sollten schnellstmöglich Grenzwerten für Cannabis am Steuer im Straßenverkehr festgelegt werden.

Die Stellungnahme des Bundesrats geht nun an die Bundesregierung, die eine Gegenäußerung dazu erstellen und dem Bundestag vorlegen muss. Wenn das Parlament das Gesetz beschließt, kommt es anschließend nochmals in den Bundesrat.

Forderung: Finanzierung von Deutschlandticket sichern

Die Kritikpunkte bei den geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 betreffen unter anderem die Finanzierung des Deutschlandtickets. Der Bundesrat verlangt in einer Stellungnahme, die Zukunft des Deutschlandtickets "verlässlich durch eine auskömmliche Finanzierung zu sichern". Weiterhin wurden die geplanten Einsparungen bei der Förderung von Sprachkitas, Jugendfreiwilligendienste und Arbeitsmarktprogramme kritisiert.

Die Länder erinnerten den Bund außerdem an die zugesagte Unterstützung bis 2030 bei der Digitalisierung von Schulen im Rahmen des Digitalpakts Schule 2.0. Begrüßt wurde die finanzielle Unterstützung bei der Unterbringung von Geflüchteten. Die Länder gehen jedoch davon aus, dass die angesetzte Summe nicht reichen wird und fordern deshalb vom Bund, seine finanzielle Unterstützung zu an die Zahl der Geflücheten anzupassen.

Schnellerer Ausbau der Schiene

Die Länderkammer stimmte außerdem dafür, im Bundestag einen Gesetzentwurf der Länder Brandenburg, Berlin und Sachsen zum beschleunigten Ausbau der Bahnstrecken einzubringen. Dem Entwurf zufolge soll beim Bau eines zweiten Gleises an einer bestehenden Strecke die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingeschränkt werden. Zudem soll bei Klagen zu Genehmigungsverfahren das Bundesverwaltungsgericht als erste und letzte Instanz zuständig sein und damit der Instanzenweg deutlich verkürzt werden.

Die Bundesregierung plant ebenfalls ein Gesetz für einen schnelleren Verkehrsausbau. Kernpunkt ist, dass die Realisierung besonders wichtiger Vorhaben bei Eisenbahnen und Fernstraßen künftig im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen soll. Der Bundestag hat das Gesetz noch nicht beschlossen, der Bundesrat muss aber in jedem Fall zustimmen.

Kinderreisepass wird abgeschafft

Ab dem Jahreswechsel kann der Kinderreisepass nicht mehr beantragt werden. Stattdessen sollen Eltern nun einen elektronischen Reisepass mit längerer Gültigkeitsdauer für ihre Kinder beantragen können, der dann international gilt. Hintergrund ist, dass die speziellen Pässe für Kinder unter zwölf Jahren nur eingeschränkt nutzbar sind. Sie enthalten anders als der elektronische Standard-Reisepass keinen Speicherchip, auf dem unter anderem die Fingerabdrücke hinterlegt werden. Manche Länder verlangen deshalb für die Einreise zusätzlich ein Visum für das Kind.

Neue Form der Sammelklage für Verbraucher

Um Skandale wie zum Beispiel den VW-Abgasbetrug juristisch besser aufarbeiten zu können, wird eine neue Klageform geschaffen, die sogenannte Abhilfeklage. Sie soll für mehr Verbraucherschutz sorgen und Gerichte entlasten. Mit dem Gesetz wird eine EU-Richtlinie verspätet in deutsches Recht umgesetzt.

Die Abhilfeklage kann zum Beispiel zum Einsatz kommen, wenn Flüge annulliert werden und zahlreiche Verbraucher ähnliche Entschädigungsansprüche haben. Gewährleistungsansprüche wegen fehlerhafter Produkte könnten ebenfalls Gegenstand einer solchen Klage sein, auch Ansprüche von Bankkunden bei unwirksamen Vertragsklauseln. Bis zu drei Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung – und damit deutlich länger als zunächst vorgesehen – sollen sich Verbraucher solchen Klagen noch anschließen können. Verbände sollen künftig die Sammelklage nutzen können, wenn sie mindestens 50 betroffene Konsumenten vertreten. Kleine Unternehmen sollen Verbrauchern gleichgestellt werden und auch von Sammelklagen gegen größere Konzerne profitieren können.

Kartellamt bekommt mehr Handlungsspielraum

Im Wettbewerbsrecht wird das Kartellamt zusätzliche Befugnisse bekommen. So soll die Bonner Behörde effektiver gegen die Marktmacht von Konzernen vorgehen können. Sie soll künftig gezielt auch auf Störungen in Märkten schauen, nicht nur auf einzelne Unternehmen. Im Extremfall sollen Konzerne sogar zerschlagen werden können. Kritiker sprechen von einem zu radikalen Kurswechsel und einem Blankoscheck für das Kartellamt.

Reueters, AFP, dpa (amu)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 29. September 2023 | 12:00 Uhr

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