Theater Sandra Hüller gibt Regie-Debüt in Halle
Hauptinhalt
19. April 2024, 19:24 Uhr
Hollywood-Star, ein Pop-Musiker und die große Frage, was wir aus der Vergangenheit lernen können. Die Bühnen Halle haben am Freitag ihre Pläne für die Spielzeit 2024/25 vorgestellt. Es sind 35 Neuproduktionen in fünf Sparten geplant. Das Programm der Oper und des Balletts lautet "Nicht von schlechten Eltern". Das Puppentheater zeigt ein neues Musical des "Prinzen"-Sängers Tobias Künzel. Das Neue Theater inszeniert alte Klassiker – unter anderem unter Regie der Schauspielerin Sandra Hüller.
- Die Bühnen Halle haben das Programm für das Neue und das Thalia Theater in der nächsten Spielzeit vorgestellt, darunter "Der Untertan" von Thomas Mann und der Thalia-Fasching.
- Die Schauspielerin Sandra Hüller wird bei einer Inszenierung in Halle erstmals Regie führen.
- Auch die Oper Halle hat bei der Pressekonferenz ihre geplanten Produktionen vorgestellt.
Wie sollen wir mit dem umgehen, was uns andere überlassen haben? Diese Frage beschäftigt die Bühnen in Halle in der kommenden Spielzeit besonders. Am Freitag haben sie ihre Pläne für die Saison 2024/25 vorgestellt. In der Oper Halle, dem Puppentheater, dem neuen und dem Thalia Theater sind insgesamt 35 Premieren geplant. Dabei werden klassische Stoffe hinterfragt und es wird viel gesungen.
Halles Schauspiel in Tradition Sodanns
Zu Beginn der Spielzeit-Pressekonferenz wurde zunächst eine Gedenkveranstaltung für Peter Sodann angekündigt. Der Schauspieler hat die Kulturinsel in Halle begründet und ist vor wenigen Wochen gestorben. Mille Maria Dalsgaard bezog sich auch auf Sodann, als sie ihre Pläne vorstellte. Seit der laufenden Spielzeit leitet sie gemeinsam mit Mareike Mikat das Neue und das Thalia Theater in Halle.
In ihrer zweite Saison wollen die beiden Frauen auch auf bewährte Traditionen wie die Revue zurückgreifen. Neben der Silvesterrevue wird Mareike Mikat auch "Der Untertan" nach dem Roman von Heinrich Mann inszenieren. Auch eine Neuauflage des Thalia-Faschings ist unter dem Titel "Panik im Olymp" geplant.
Das fasste Dalsgaard unter dem Schlagwort "Erbe" zusammen. Dabei geht es den Theatermacherinnen jedoch nicht nur darum, das Alte zu bewahren. Sie wollen hinterfragen, was wir in einer Zeit des Umbruchs lernen können. Dafür wird die Hausregisseurin Katharina Brankatschk Shakespeares "Der Sturm" hinterfragen und unter dem Untertitel "How to kill daddy" Prosperos Tochter Miranda in den Mittelpunkt stellen. Am Thalia Theater zeigt sie zudem die "Hallenser Stadtmusikanten" frei nach den Brüdern Grimm.
Sandra Hüller von einer neuen Seite
Als Gegenstück hob Dalsgaard das Schlagwort "Neuentdeckungen" hervor. Am Thalia Theater werden demnach gleich zwei deutsche Erstaufführungen gezeigt: "Der (vor)letzte Panda oder die Statik" von Dino Pešut und "Schwäne" von Nico Boon. Am Neuen Theater gibt es mit "Apokalypse Miau", eine Art Theaterfarce mit Endzeitstimmung, ebenfalls eine deutsche Erstaufführung. Außerdem wurde die junge und erfolgreiche Dramatikerin Svenja Viola Bungarten mit einem neuen Stück beauftragt: In "Sibylle" geht es um Vorsehung und Vorhersage. Es wird von Mareike Mikat inszeniert.
In einem Doppelabend zeigen zwei Regie-Studierende der Berliner Theaterhochschule Ernst Busch ihre Abschluss-Arbeiten. Naemi Friedmann inszeniert "Die zweite Sonne" von Bungarten über eine Welt voller Helden und ohne Frauen. Basil Zecchinel bringt "Bakkhai" der renommierten Autorin Anne Carson nach "Euripides" auf die Bühne.
Wir schlagen einen Bogen zur Welt mit ihr.
Für das meiste Aufsehen dürfte aber die Nachricht sorgen, dass mit Sandra Hüller mit dem Theater in Halle zusammenarbeiten wird. Die gefragte Schauspielerin, die zuletzt in dem Oscar-prämierten Film "The Zone of Interest" zu sehen war, wird zum ersten Mal selbst Regie führen.
In "Penthelise:a:s" hinterfragt die französische Dramatikerin Marie Dilasser Kleists Antiken-Stück neu – und zwar mit einem feministischen Blick. Dalsgaard betont, dass die Zusammenarbeit mit Hüller auf gemeinsamen Ideen und Vorstellungen beruht. "Wir schlagen einen Bogen zur Welt mit ihr", sagte die Theatermacherin MDR KULTUR.
Repertoire an Oper Halle
Auch das Motto der Oper Halle passt zu den Ideen am Neuen Theater: "Nicht von schlechten Eltern". Das meint mit einem Augenzwinkern zum einen die eigene Arbeit, bezieht sich zum anderen aber auch auf die Fragen nach Erbe und was wir uns zum Vorbild nehmen wollen, so Intendant Walter Sutcliffe bei der Pressekonferenz am Freitag.
Das will man mit Produktionen wie "Madama Butterfly" von Giacomo Puccini und "Die Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart schaffen. Sie ergänzen die Wiederaufnahmen von "La Bohème", "Die Fledermaus" und "Hoffmanns Erzählungen".
Auch der Reigen von Benjamin Brittens Werken wird fortgesetzt mit der Kammeroper "Turning of the Screw". Stücke wie "Viva la mamma" von Gaetano Donizetti und die Ein-Person-Oper "Das Tagebuch der Anne Frank" ergänzen das Motto. Zudem sind mit "Gypsy" und "Adam" zwei Musicals geplant. Dabei wird fast alles mit Kräften aus dem eigenen Haus besetzt und inszeniert.
Gast am Ballett Halle
Auch das Programm des Balletts passt zum Thema: Chef Michal Sedláček versetzt zur Musik von Sergej Prokofjew die bekannte Geschichte von "Romeo und Julia" in die Modewelt – mit opulenter Ausstattung, wie der Choreograf verspricht. Louise Harrington bringt die Geschichte "Das hässliche Entlein" für Kinder als Ballett auf die Bühne. Außerdem ist die gefragte Choreografin Nanine Linning zu Gast in Halle und beschäftigt sich in "Dusk" vor allem mit Bewegung und dem Thema Übergang.
Mehr Profil an der Staatskapelle
Fabrice Bollon kündigt an, mehr Klassik und Romantik mit der Staatskapelle zu spielen. Auf den Programmen der Sinfonie-Konzerte stehen Richard Strauss und Beethoven. Dafür wurden auch zahlreiche Gäste nach Halle geladen. Unter anderem konnte das Orchester mit Reinhard Goebel einen Experten für historisch informierte Aufführungsspraxis für mehrere Konzerte als Artist in Residence gewinnen.
Die Staatskapelle will auch die Außenwirkung verstärken: Die Überschneidung von Staatskapelle und Händel-Festspielorchester soll hervorgehoben werden. In einer Kooperation mit der Kunsthochschule Burg Giebichenstein sollen zudem besondere Plakate für die Konzerte entstehen. Unter dem Titel "Hai Klassik" ist auch geplant, die Vermittelungsarbeit zu verstärken. Dafür fährt das Orchester zum Beispiel an die Schulen.
Singende Puppen
Das Puppentheater in Halle hat Kultstatus und setzt anders als vergleichbare Institutionen auf Stücke für Erwachsene. Neben Auseinandersetzungen mit dem Maler Caspar David Friedrich, dessen 250. Geburtstag 2024 auf der ganzen Welt gefeiert wird, und Kafkas "Die Verwandlung" gibt es viel Musik. Zum ersten Mal, so betont Puppentheater-Chef Christoph Werner bei MDR KULTUR, singen die Spielerinnen und Spieler selbst.
Zum Auftakt der Spielzeit inszeniert der ehemalige Intendant des neuen Theaters Halle, Matthias Brenner, die "Leichenoper - Der süße Duft kommt nicht von den Rosen". Den Rahmen beschließt das "Klosical" des Prinzen-Sängers Tobias Künzel "Tod auf dem Thron". Der bekannte Musiker wird die Inszenierung, die zuvor in London gezeigt wird, selbst musikalisch leiten.
Mehr Außenwirkung
Die Bühnen Halle haben auch die aktuellen Zahlen der Häuser vorgestellt: Im Vergleich zu 2022 (unter Pandemie-Bedingungen) zu 2023 gab es deutlich mehr Vorstellung und nur etwas mehr Einnahmen – insgesamt knapp 2,8 Millionen Euro. Allerdings ist in der Zeit auch das Publikum um fünf Prozent zurückgegangen.
Uta van den Broek, Geschäftsfüherin der Bühnen Halle, meinte daher, dass man nun wieder mehr versuchen wolle, Publikum in die Säle zu locken. Dem tragen alle Sparten Rechnung mit Projekten, die mehr in die Stadt hinausgehen, beispielsweise mit dem Stadtraum-Projekt "+ Julie in Arbeit" des Neuen Theaters und einem großen Programm zum Laternenfest in Halle.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 19. April 2024 | 16:10 Uhr