Eine Kröte läuft über den Boden.
Kröten sind in Sachsen-Anhalt durch den Klimawandel mittlerweile vom Aussterben bedroht. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt

Klimawandel Hitze und Trockenheit bedrohen Tiere – So reagiert das Land

29. Juli 2023, 08:12 Uhr

Zunehmend heißere und trockenere Jahre schaden Sachsen-Anhalts Tieren: Fische sterben an Sauerstoffmangel, Kröten können sich nicht mehr fortpflanzen, Störche finden zu wenig Nahrung. Der Naturschutzbund (NABU) in Sachsen-Anhalt fordert deshalb einen anderen Umgang mit Wasser und Lebensräumen. Mit diesen Maßnahmen zum Artenschutz begegnet die Landesregierung dem Klimawandel.

MDR San Mitarbeiterin Annekathrin Queck
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Hitze und Trockenheit bedrohen mehrere Tierarten in Sachsen-Anhalt. Wie das Landesumweltministerium mitteilt, leiden besonders Amphibien, Wasserinsekten und Fische unter dem Klimawandel. Amphibien wie Kröten seien zum Beispiel auf flache Gewässer angewiesen. Trocknen diese im Frühjahr und Frühsommer aus, bevor die Entwicklung der Larven abgeschlossen ist, stirbt ihr Nachwuchs. Das gelte auch für Wasserinsekten wie Libellen.

Ein weiteres Problem sei, dass stehende Gewässer bei Hitze und Trockenheit einen geringeren Sauerstoffgehalt hätten. Das könne zu vermehrtem Fischsterben führen, so das Ministerium. Wie Daten aus den Landkreisen zeigen, gab es in Sachsen-Anhalt allein in den vergangenen fünf Jahren mehr als 70 solcher Fälle.

NABU: Lebensräume gehen verloren

Der Naturschutzbund (NABU) Sachsen-Anhalt weist zudem darauf hin, dass in großen Flüssen und Seen chemische Stoffe in höherer Konzentration vorkommen, wenn der Wasserstand sinkt. Chemische Substanzen wie Phosphor, Stickstoff und Kalium, die unter anderem in Dünger zu finden seien, führten zu veränderten Bedingungen und schadeten den dort lebenden Arten.

Auch wenn kleine Bäche oder Teiche vollständig austrocknen, gehen nach Aussage des NABU Lebensräume verloren. Das habe wiederum Folgen für alle Tiere, die am oder im Wasser lebten oder dort Nahrung suchten. Das Gleiche gilt demnach für Moore, die ebenfalls ein wichtiger Lebensraum für viele Arten sind. Moore speichern dem NABU zufolge große Mengen CO2, die jedoch freigesetzt werden, wenn sie austrocknen.

Vögel finden nicht mehr genug Nahrung

Neben dem NABU betont auch Ornithologe Axel Schonert von der Landesarbeitsgemeinschaft Kranichschutz, dass nicht nur Fische, Amphibien und Wasserinsekten mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben. Auch Vögel wie Störche würden teilweise nicht mehr genug Nahrung finden, unter anderem, weil es immer weniger Kröten gebe. Das mache es den Störchen schwerer, ihre Jungen aufzuziehen.

"Normalerweise sind vier bis fünf Jungstörche im Nest. Wenn die Paare jetzt zwei oder drei Störche groß kriegen, ist das schon gut", erklärt Schonert. Bislang sei der Bestand des Weißstorches in Sachsen-Anhalt zwar nicht dramatisch gefährdet, er nehme aber kontinuierlich ab. Dem NABU zufolge ist beim Schwarzstorch eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Wegen ausgetrockneter Gewässer gebe es immer weniger geeignete Plätze für die Tiere, um ihren Nachwuchs aufzuziehen.

Biber in Sachsen-Anhalt durch Trockenheit bedroht

Auch die Biber in Sachsen-Anhalt leiden unter den Folgen der Trockenheit. Nach Aussage der Landeskompetenzstelle für Biberschutz ist die Zahl der Biber in den vergangenen zwei Jahren gesunken. Bei Trockenheit wandern die Biber demnach aus ihren Gebieten ab und bekommen weniger Nachwuchs. Wenn das Wasser fehle, mache das die Tiere außerdem angreifbarer für Fressfeinde. Gleichzeitig seien Biber auch bei der Nahrungssuche auf Gewässer angewiesen, weil sie sich im Sommer unter anderem von Wasserpflanzen ernährten.

Der NABU-Bundesverband berichtet zudem, dass immer mehr Igel mit einer sogenannten Hungerfalte gesichtet werden, die auf Unterernährung hindeutet. Wegen der Trockenheit fänden die Igel nicht genug zu fressen. Regenwürmer ziehen sich bei Dürre nämlich in tiefere Erdschichten zurück und sind für die Igel nicht mehr zu erreichen. Weil die nachtaktiven Tiere nicht genug Nahrung fänden, seien sie nun auch immer öfter tagsüber unterwegs, hieß es vom NABU.

Umweltministerium: Heimische Arten vom Aussterben bedroht

Nach Aussage des Landesumweltministeriums hätte eine dauerhaft höhere Jahrestemperatur zur Folge, dass heimische Arten verdrängt werden und aussterben. Schätzungen gehen davon aus, dass deutschlandweit zwischen 5 und 30 Prozent der Pflanzen- und Tierarten infolge des Klimawandels aussterben könnten.

Gleichzeitig sei zu erwarten, dass sich Tiere und Pflanzen aus dem Mittelmeerraum weiter nach Norden ausbreiten. Pflanzen wie zum Beispiel die Brocken-Anemone, die es bereits während der Eiszeit gab, könnten wegen der höheren Temperatur dagegen dauerhaft verschwinden.

Einzelne Tiere profitieren laut Ministerium aber auch von den Klimaveränderungen. So käme es zum Beispiel an Totholz gebundenen Insektenarten zugute, dass viele Bäume wegen der Trockenheit absterben.

Von den rund 21.000 in Sachsen-Anhalt nachgewiesenen Tier- und Pflanzenarten gelten aktuell 7.693 Arten als gefährdet. Das sind ungefähr 36 Prozent. Etwa sieben Prozent gelten als akut vom Aussterben bedroht. Wie das Ministerium berichtet, ist der Klimawandel dabei aber nur eine von mehreren möglichen Ursachen.

NABU: Lebensräume erhalten und Umgang mit Wasser ändern

Um bedrohte Arten zu schützen, ist laut NABU der Erhalt von Lebensräumen eine wichtige Maßnahme. Damit Flüsse, Teiche und Seen nicht austrocknen, müsste man demnach während der kälteren Jahreszeit mehr Wasser in der Landschaft belassen und die Bildung von Grundwasser fördern.

Dafür sei es aber nötig, den derzeitigen Umgang mit Wasser grundlegend zu verändern. Aktuell liege der Fokus darauf, Wasser zu entnehmen, zum Beispiel durch Entwässerungsgräben. Damit auch im Sommer Wasser für Natur und Landschaft zur Verfügung steht, sind dem NABU zufolge Auenlandschaften und unterirdische Speicher wichtig.

Forderung: Wirtschaft sollte Wasserentnahme bezahlen

Der Verband kritisiert, dass aktuell nur für die öffentliche Trinkwasserversorgung entnommenes Wasser bezahlt werden muss. Wirtschaftssektoren wie Wasserkraft, Bergbau oder Industrie könnten das Wasser dagegen kostenlos nutzen. "Dabei sollte gerade hier besonders nachhaltig und schonend mit der Ressource Wasser umgegangen werden", fordert der NABU.

Dafür könne zum Beispiel das sogenannte "Wasserentnahmegeld" erhöht werden. Im Vergleich zu anderen Bundesländern muss in Sachsen-Anhalt demnach relativ wenig für die Wasserentnahme bezahlt werden.

Land fördert Naturschutzprojekte

Um die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen, gibt es in Sachsen-Anhalt seit 2019 die "Artensofortförderung". Damit unterstützt das Umweltministerium nach eigener Aussage jedes Jahr "Sofortmaßnahmen", um Tier- und Pflanzenarten im Land zu erhalten. Zum Beispiel seien Gewässer im Wulfener Bruch bei Köthen renaturiert worden, um die dort lebenden Rotbauchunken zu schützen.

In diesem Jahr sind laut Umweltministerium bereits 61 Naturschutzprojekte mit insgesamt 2,8 Millionen Euro gefördert worden. Das Gesamtbudget beträgt demnach 3,5 Millionen Euro. Bedingung für die Förderung sei, dass die Vorhaben einen besonders hohen Nutzen für die Natur hätten und bis Jahresende umgesetzt werden könnten. Als Beispiele nennt das Ministerium die naturnahe Bepflanzung von Gewässern am Sandbeiendorfer Tanger in der Börde, die Pflege artenreicher Feucht- und Streuobstwiesen im Saalekreis oder der unter Naturschutz stehenden "Pechnelkenwiese am Apollensberg" im Landkreis Wittenberg.

Die "Artensofortförderung" soll nach Aussage des Ministeriums auch in den kommenden Jahren fortgesetzt werden. Darüber hinaus sei geplant, das Wassergesetz des Landes zu überarbeiten. Demnach sollen unter anderem die Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten dadurch stabilisiert werden, dass bewusst weniger Wasser entnommen und es stattdessen in der Natur belassen wird.

Umgang mit Hochwasser soll umweltfreundlicher werden

Auch im Rahmen einer neuen Hochwasserstrategie will Sachsen-Anhalt den Flüssen im Land künftig mehr Raum geben und Überflutungen bis zu einem gewissen Grad zulassen. Solche Überflutungsflächen wiederzugewinnen und zu sichern, könne helfen, Wassermassen zurückzuhalten und das Hochwasserrisiko zu verringern, hieß es vom Umweltministerium.

Grundlage sei das Maßnahmenprogramm "Fluss, Natur, Leben", das Natur-, Gewässer- und Hochwasserschutz künftig besser miteinander verbinden soll. Die Maßnahmen sollen etwa Lebensräumen zugutekommen und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen.

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MDR (Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. Juli 2023 | 12:00 Uhr

1 Kommentar

hilflos vor 38 Wochen

Dürre? Ich merke nichts davon. Selbst wenn es in Sachsen-Anhalt etwas weniger regnet, so gibt es Länder in Europa, wo es nicht trockner zu sein scheint. Klima erstreckt sich, meiner Meinung nach, nicht nur auf den deutschen Dunstkreis.
Letztens kam die Meldung im Radio, dass dieses Jahr ein weiterer weltweiter Hitzerekord gebrochen würde, in Asien und Amerika... Na da zahle ich doch gern noch viel mehr co2 Steuern, Leute geht's noch???

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