Eine Collage zeigt zwei Männer und eine Frau
Die Journalistinnen und Journalisten von MDR SACHSEN-ANHALT erzählen, was sie 2022 besonders bewegt hat. Bildrechte: Martin Neuhof, MDR/Luca Deutschländer, Tilo Weiskopf

Jahresrückblick 2022 Das hat das Team von MDR SACHSEN-ANHALT 2022 bewegt

24. Dezember 2022, 08:13 Uhr

Das Jahresende ist traditionell der Zeitpunkt, um auf die vergangenen zwölf Monate zurückzuschauen. Hier lassen Sie die Journalistinnen und Journalisten von MDR SACHSEN-ANHALT an ihren persönlichen Geschichten und Erlebnissen des Jahres teilhaben.

Fabian Frenzel: Inspirierender Gast

"Eigentlich ist der Programmmacher-Tag eine Pflicht-Übung. Jedes Jahr bewerben sich Menschen bei uns, um uns einen Tag lang über die Schulter zu schauen. Mehr noch: Sie dürfen aktiv bestimmen, worüber wir an jenem Tag berichten sollen. Zur Ehrlichkeit gehört aber, dass das für diesen Tag auch ein bisschen extra Stress bedeutet – und in meinem Fall schon ein bisschen Routine ist. Schon mehrfach durfte ich Programmmachern und -macherinnen oder Schülern und Schülerinnen unsere Redaktion zeigen.

Fabian Frenzel
Fabian Frenzel kümmert sich hauptsächlich um die Social-Media-Kanäle von MDR SACHSEN-ANHALT. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

In diesem Jahr war Lothar Wiegmann aus Timmenrode bei uns und er war noch ein Stück weit begeisterter als Besucher und Besucherinnen eigentlich eh schon sind, wenn sie in das Funkhaus in Magdeburg kommen. Er hat mit mir und meinem Kollegen Max Schörm Themen für unseren Instagram-Kanal MDRklärt entwickelt und kam vorbereitet. Drei Themen hatte er im Gepäck und noch mehr Ideen im Kopf. Für einen Instagram-Account. Mit über 60 Jahren. Ich war baff.

Und nicht nur ich. Kurzerhand wurde beschlossen, dass wir eine ganze Themenwoche über Timmenrode und Lothar Wiegmann machen. Es tut unglaublich gut, zu sehen, wie sehr sich Nutzer und Nutzerinnen mit unseren Inhalten (sei es im Radio, Fernsehen oder Internet) identifizieren."

Maren Wilczek: Hoffen auf ein Ende

"Mittlerweile bin ich seit mehr als einem Jahr Teil des Teams von MDR SACHSEN-ANHALT. Neu hier bin ich längst nicht mehr. Trotzdem habe ich 2022 viele neue Erfahrungen gesammelt: Nachrichtenartikel und Übersichten schreiben, Recherchen anregen und umsetzen, Interviews führen oder morgens im Frühdienst die Themenlage überblicken. All diese Aufgaben gehören zu meiner Arbeit, ebenso wie tolle, hilfsbereite Kolleginnen und Kollegen. Aber was eben auch dazu gehört, ist Aufgeregtheit, etwas zum ersten Mal zu machen oder ein neues Thema anzupacken.

Bild einer jungen Frau
Maren Wilczek schreibt bei MDR SACHSEN-ANHALT vor allem Newsletter und kümmert sich um die regionalen Themen in der MDR AKTUELL-App. Bildrechte: Martin Neuhof

Am aufgeregtesten war ich vermutlich, als ich zum ersten Mal ein Corona-Daten-Update geschrieben und an Tausende Postfächer verschickt habe. Heute, mehrere Newsletter-Ausgaben später, ist der Klick auf "Senden" immer noch etwas Besonderes. Natürlich ist Corona nach fast drei Jahren kein Thema, von dem alle ständig hören wollen – das geht mir selbst so. Bei aller Pandemiemüdigkeit finde ich es aber immer noch wichtig, zu wissen, was der Stand der Forschung ist, wie sich das Virus entwickelt und wie wir als Gesellschaft am besten damit umgehen können.

Darum freue ich mich, dass der Newsletter immer noch bei so vielen Abonnentinnen und Abonnenten ankommt. Noch mehr freue ich mich, wenn Post zurückkommt und Sie Ihre Fragen und Gedankenanstöße an die Redaktion schicken. Und vielleicht wird ja 2023 endlich das Jahr, in dem wir uns alle darüber freuen können, dass ein Ende der Pandemie in Sicht ist – und eine Zeit, in der wir wirklich nichts mehr von Corona hören müssen."

Annekathrin Queck: "Wir alle" statt "die da oben"

"Es war ein bewegtes Jahr. Da sind wir uns wahrscheinlich alle einig. Corona schien gerade überstanden, da kam schon der Krieg in der Ukraine, später steigende Energiekosten und Inflation. Trotzdem blicke ich gerne auf die letzten Monate zurück, denn 2022 war nicht nur mein erstes Jahr beim MDR, sondern auch mein erstes Berufsjahr. Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die vielen interessanten Gespräche, die ich führen durfte. Durch meine Arbeit habe ich Menschen und Orte kennengelernt, die mir sonst wahrscheinlich fremd geblieben wären. Dafür bin ich dankbar.

Mit jedem einzelnen Interview wurde mir mehr und mehr bewusst, wie wichtig es ist, sich Zeit für die Geschichten aus den verschiedenen Regionen zu nehmen und das, was die Leute dort beschäftigt, abzubilden. Genau das ist auch dem MDR wichtig. 'Der MDR ist nah dran' lautet eines der Kriterien, das in unseren Feedbackrunden immer wieder eine Rolle spielt. In meinen Augen einer der wichtigsten Punkte überhaupt.

Denn viele Themen, die ganz Deutschland betreffen, bleiben am Ende oft abstrakt und irgendwie weit weg. Wenn aber nachvollziehbar wird, was einzelne Entwicklungen für mich hier in meiner Region bedeuten, werden sie im Idealfall nicht nur verständlicher, sondern auch nahbarer und relevanter. Dann sind es plötzlich nicht mehr "die da oben", sondern 'wir alle'."

Lucas Riemer: Mut machen und kritisch hinschauen

"Es gibt zwei Arten von Geschichten, auf die man als Reporter häufig stößt: Solche, die andere Menschen inspirieren, weil sie von Positivbeispielen handeln, von Menschen oder Unternehmen etwa, die anpacken und etwas bewegen. Und solche, die Missstände aufzeigen, Ungerechtigkeiten, vielleicht sogar Gesetzesverstöße. Beide haben ihre Berechtigung, über beide berichte ich gerne, und von beiden ist mir in diesem Jahr eine Geschichte besonders im Kopf geblieben.

Lucas Riemer
Lucas Riemer berichtet als Reporter für MDR SACHSEN-ANHALT über politische und gesellschaftliche Themen im Land. Bildrechte: MDR/Tilo Weiskopf

Fangen wir mit dem Inspirierenden an: Im Frühsommer war ich zu Gast auf einem alten Bauernhof in der Altmark, auf den kurz zuvor ein junges Paar aus Hamburg gezogen war. Ich fand es sehr beeindruckend, mit welchem Mut und Elan die beiden Ex-Großstädter ihr altes Leben hinter sich gelassen und sich in die (immense!) Arbeit auf dem Hof gestürzt haben. Geschichten wie diese zeigen außerdem, wie attraktiv Sachsen-Anhalt inzwischen selbst für junge Menschen sein kann, die mit der Region vorher nichts am Hut hatten.

Die Recherche, die mir in diesem Jahr auf ganz andere Weise im Kopf geblieben ist, hat mich nach Lützen geführt. Die Stadt im Burgenlandkreis hat einen der niedrigsten Gewerbesteuersätze in ganz Deutschland und ist das, was man gemeinhin als "Steueroase" bezeichnet. Großkonzerne müssen ihre Firmensitze nicht auf die Cayman Islands oder nach Panama verlegen, um Steuern zu sparen, sie können auch einfach nach Lützen kommen – so wie die Deutsche Bank. Die hat sich mit milliardenschweren Tochterfirmen im Lützener Ortsteil Sössen angesiedelt, unter anderem in einem Feuerwehrgerätehaus.

Ob diese Steuerspartricks legal sind, ist fraglich. Aber weil sie Lützen Millioneneinnahmen in die Kasse spülen, drücken die Behörden gerne mal ein Auge zu. Fair ist das in meinen Augen nicht. Deswegen werde ich dieses Thema 2023 im Auge behalten – und darüber hinaus hoffentlich viele weitere inspirierende und kritische Geschichten erzählen."

Sarah-Maria Köpf: Beeindruckend starke Frauen

"In diesem Jahr haben mich vor allem die Geschichten starker Frauen beeindruckt, die ich für MDR SACHSEN-ANHALT recherchieren und erzählen durfte. Zum Beispiel die von Franziska Werner, eine junge Mutter, die sich durch das Trauma ihrer Kaiserschnittgeburt kämpfte. Im Krankenhaus fühlte sie sich von den Schwestern allein gelassen, jetzt will sie andere Frauen über die Rechte einer selbstbestimmten Geburt aufklären.

Für mehr Aufarbeitung setzt sich auch Lucie Lehmann alias DJ Lucie Vuittong ein. In der männerdominierten DJ-Szene von Sachsen-Anhalt versucht sie sich durchzusetzen und musste sich dabei nicht nur einmal gegen Sexismus zur Wehr setzen.

Eine junge Frau lächelt in die Kamera
Sarah-Maria Köpf ist Social-Media-Managerin und Reporterin bei MDR SACHSEN-ANHALT. Bildrechte: Sarah-Maria Köpf

An einer ganz anderen Front kämpft Dr. Ulrike Meister. Sie ist Hausärztin in Dessau, einer Stadt, in der immer größerer Ärztemangel herrscht. Für sie bedeutet das: weniger Zeit für die einzelnen Patienten, eine höhere Arbeitsbelastung und Gewissensbisse, wenn sie jemanden bei der Frage nach einem Termin abweisen muss.

Sie alle setzen sich in ganz unterschiedlichen Themen- und Fachbereichen dafür ein, dass das Leben und Miteinander in Sachsen-Anhalt besser und gerechter wird. Und das gibt mir Hoffnung und lässt mich optimistisch ins kommende Jahr blicken."

Manuel Mohr: Statistiken und ihre Auswirkungen

"Spannende Geschichten in zunächst eher langweilig wirkenden Zahlen-Kolonnen zu finden – das ist mein Job. Besonders fasziniert hat mich im zurückliegenden Jahr meine Recherche zum Männerüberschuss in Sachsen-Anhalts Bevölkerung.

Besonders in der Altersgruppe 20 bis 40 –  in denen sich normalerweise feste Partnerschaften bilden und Kinder geboren werden – gibt es europaweit so gut wie keine Region, in der der Männeranteil höher ist als hierzulande. Interessant waren dann im Rahmen der Recherchen auch die Erkenntnisse, welche Auswirkungen der Männerüberschuss auf die Gesellschaft hat und wie Männer in besonders betroffenen Regionen sich mit dieser Situation fühlen."

Leonard Schubert: Dankbar für Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft

"Ich habe das Jahr 2022 erneut als ein krisengeprägtes Jahr empfunden. Dabei hatte ich mich darauf gefreut, dass die Corona-Pandemie endlich überwunden wird und endlich wieder mehr Leichtigkeit in den Alltag zurückkehrt. Dann erschütterten viele Ereignisse die Welt und viele Auswirkungen waren direkt vor unserer Haustür zu spüren. Der Krieg in der Ukraine, die gestiegenen Kosten und damit verbundenen Ängste vieler Menschen, ein Hitzesommer mit austrocknenden Gewässern und Waldbränden, die Proteste im Iran, …

So oft über die Not von Menschen zu berichten und selbst nur wenig tun zu können ist mir manchmal schwer gefallen. Selbst wenn gelegentlich die Rückmeldung kam, dass unsere Berichterstattung etwas Positives bewirken konnte. Umso schöner fand ich es, dass wir immer wieder auch Geschichten von Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft erzählen durften. Dass so viele Menschen im Land einander unterstützt und aufeinander Acht gegeben haben. Wie viele Ideen, Projekte und Aktionen angestoßen wurden und wie viel Einsatz so viele von Ihnen gezeigt haben.

Dafür möchte ich mich bedanken. Und uns allen wünschen, dass das nächste Jahr wieder einfacher für uns alle wird und hoffentlich viele Anlässe bereithält, schöne Geschichten zu erzählen."

Luise Kotulla: Zu Tränen gerührt

"In diesem Jahr haben mich zwei meiner Themen besonders berührt – bei einem ging es um Geburt, bei dem anderen um den Tod.

Da ich selbst ein kleines Kind habe, habe ich mich mit einer neuen Leitlinie in der Geburtshilfe beschäftigt. Viele Schwangere kennen sie noch nicht, dabei setzt sie neue Maßstäbe: Das Geburtserlebnis steht jetzt im Mittelpunkt. Welche Auswirkungen eine als traumatisch erlebte Geburt haben kann, erzählte mir eine zweifache Mutter, die in Halle lebt.

Luise Kotulla
Luise Kotulla berichtet für MDR SACHSEN-ANHALT aus dem Studio Halle. Bildrechte: Alexander Kühne

Sie hatte bei der Geburt ihres ersten Kindes Angst zu sterben, denn es gab Komplikationen, die nicht ernst genommen wurden. Ihre Partnerschaft litt darunter, genau wie die Beziehung zu ihrem Baby. Die zweite Geburt wenige Jahre später wurde dagegen so begleitet, wie es in der neuen Leitlinie empfohlen wird. Das Erlebnis war für die junge Frau heilsam und hat mich fast zu Tränen gerührt.

Nachdenklich gemacht haben mich meine Gespräche für zwei Texte zum Tod des Haustiers und dem Wunsch von 'Herrchen' oder 'Frauchen' nach gemeinsamer Bestattung. Mir war nicht bewusst, dass Menschen ihr Tier so sehr lieben können, dass sie ein Grab mit ihrem Vierbeiner teilen wollen. Vor allem die Erzählungen einer Frau aus Aschersleben gingen mir nah. Sie hat für ihre unerwartet verstorbene Schwester entschieden, dass sie ein Mensch-Tier-Grab bekommen soll. Denn sie ist sich sicher: Ihre Schwester hätte es so gewollt. Ich hatte nach dem Gespräch genau denselben Eindruck."

Luca Deutschländer: Auf Kultur-Reise

"Sachsen-Anhalt ist ein Kultur-Land. Wissen wir alle. Denken Sie nur an Reformation, Unesco-Welterbe oder all die Theater überall im Land. Hochkultur vom Feinsten! Doch da ist noch mehr: Kultur im ländlichen Raum. Das ehrenamtlich geführte Theater, das Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammenbringt. Das kleine Museum, an dem vorbei ein Radweg auf die Geschichte der Optischen Telegraphie in Preußen aufmerksam macht.

Oder: das kleine Kino, das sich abseits der großen Ketten hält und dafür sorgt, eine Kleinstadt wie Thale attraktiv nicht nur für Touristen zu machen. All diesen Geschichten sind mein Kollege Florian Leue von MDR KULTUR und ich in diesem Jahr nachgegangen. Weil uns interessiert hat: Wer steckt eigentlich dahinter? Und was treibt Menschen an, ein Kulturangebot zu schaffen, mit dem sie, wenn überhaupt, gerade mal kostendeckend arbeiten können?

Die Antwort: Es ist die Liebe zur Kultur. Klingt wahnsinnig abgedroschen, klar. Aber der Besuch all dieser Menschen hat uns gezeigt: Es ist genauso. Und das ist gut zu sehen in einer Zeit, in der der ländliche Raum nicht selten mit dem Vorurteil zu kämpfen hat, da passiere ja eh nichts. Ich kann mit felsenfester Überzeugung sagen: Stimmt nicht.

Und wissen Sie, was das Schöne ist? Mit ihrer Leidenschaft sorgen diese Kultur-Macherinnen und -macher obendrauf noch für wirtschaftlichen und touristischen Aufschwung. Was könnte besser sein nach zweieinhalb Jahren Pandemie und einer Energiekrise?! Unsere Reise können Sie übrigens noch einmal erleben – einfach hier klicken."

André Plaul: Revolution auf Schienen

"Für mich als Verfechter des öffentlichen Verkehrs hat das zurückliegende Jahr eine Art Revolution gebracht. Welche? – Dazu ein kleines Rätsel: Wenn drei Erwachsene gemeinsam mit dem Zug innerhalb eines Tages von Tangerhütte nach Magdeburg-Hasselbachplatz und zurück fahren wollen: Welche Tickets sind für sie am günstigsten, wenn ein Reisender davon eine BahnCard 50 hat?

Hier finden Sie die Lösung*

Das kommt auf die Uhrzeit an:

a) Angenommen, die Fahrten finden unter der Woche nach 9 Uhr am Morgen oder am Wochenende statt, dann ist das Hopper-Ticket-Sachsen-Anhalt für 9,70 Euro als Hin- und Rückfahrschein in einem für alle Personen die günstigste Wahl. Macht gesamt: 29,10 Euro.

b) Außerhalb dieser Zeiten, die vor allem Pendler am Morgen betreffen, gilt das Hopper-Ticket auf dieser Strecke nicht. Dann kann die Person mit BahnCard 50, da sie hier den Zug innerhalb des Marego-Verbunds nutzt und die Bedingungen es zulassen, den Deutschlandtarif mit Rabatt nutzen, macht für Hin- und Rückfahrt 11,40 Euro. Die anderen Personen lösen gemeinsam eine 4er-Karte zum Verbundtarif, da diese in beide Richtungen nutzbar ist - das macht in Preisstufe 6 26 Euro und spart gegenüber dem Kauf von vier Einzelkarten 1,20 Euro - also 30 Cent pro Fahrt. Insgesamt zahlen alle in diesem Fall 37,40 Euro. (*Stand für Verbund- und Deutschlandtarif: bis 10. Dezember 2022)

Im Sommer dieses Jahres spielten solche Frage keine Rolle. Denn beim Schnüren des ersten Entlastungspakets war der Politik in der Eile eine Sensation gelungen: das Geflecht aus über 60 Tarif- und Verkehrsverbünden mit all ihren reglementierten Eigenheiten zu überwinden. Ein einfaches und günstiges Ticket für Bus und Bahn hat den ÖPNV auf den Kopf gestellt.

Dass das 9-Ticket nicht nur Freude bringen wird, war schon im ersten Meinungs-Artikel Thema. Jubel und Kritik lagen von Beginn an auch in unseren Kommentarspalten dicht beieinander. Doch trotz überfüllter Züge zu Stoßzeiten war das Ticket ein Erfolg, denn wir Sachsen-Anhalter sind gereist und uns begegnet – ohne zusätzliche CO2-Emissionen, schließlich wären die Bahnen und Busse ohnehin gefahren.

Die politischen Nachwehen dauern an. Denn das 9-Euro-Ticket hat die chronische Unterfinanzierung eines ganzen Systems offenbart, das von Steuergeldern bezahlt wird und daher traditionell Fahr- und Dienstpläne nur auf Kante näht. Wo sich im ländlichen Raum Linien nicht mehr gerechnet haben, wurden Strecken abgebaut, Menschen der ÖPNV geradezu abgewöhnt. In der politischen Debatte werden diese Fehler der Vergangenheit nun als argumentative Bremse für das beschlossene Deutschlandticket 2023 genutzt.

Auch in unseren Kommentarspalten wird gefragt, was es abseits der großen Städte bringen soll? Dabei ist klar: Ein Ticket allein kann nicht alle Probleme lösen. Nahverkehr aufzubauen kostet Zeit und Milliarden Euro. Tausende Sachsen-Anhalter, die regelmäßig mit Bus- und Bahn reisen oder pendeln, würden sich aber schon jetzt über so ein Ticket freuen. Immerhin: Mit Verspätungen können sie gut umgehen."

Jana Müller: Augenzeugin eines Weltrekordes

"Meine Lieblingsgeschichte in diesem Jahr ist definitiv das 'Monsterrad' aus Köthen. Drei Jahre lang hat Sebastian Beutler in einer Garage an einem riesigen Rad geschraubt, wollte mit der 'Kleinen Johanna' den Weltrekord um das schwerste fahrbare Fahrrad der Welt knacken.

Eine junge Frau mit schulterlangen braunen Haaren schaut freundlich in die Kamera, ihre Arme sind verschränkt
Jana Müller berichtet für MDR SACHSEN-ANHALT aus dem Studio Dessau. Bildrechte: MDR/Jana Müller

Keine einfache Aufgabe, wie ich bei einem Werkstattbesuch im Mai hautnah miterleben musste. Da sprang nämlich bei einer Probefahrt die Kette vom Rad  – zurück in die Werkstatt musste das riesige Gefährt von drei Leuten geschoben werden. Die Nerven von Schrauber Sebastian Beutler langen blank, denn so ein Fehler beim Rekordversuch hieße: Die ganze Arbeit war umsonst.

Auch am Tag des Rekordversuchs war ich natürlich in Köthen, drückte mit etlichen Zuschauern die Daumen, als Beutler mit der 'Kleinen Johanna' die 100-Meter-Rekord-Strecke fahren musste. Und Gott sei Dank: Alles ging gut! Die Kette hielt, auch als das Monsterrad auf eine große LKW-Waage gefahren wurde.

Als dort dann das Gewicht – 2180 Kilogramm – angezeigt wurde, brach der Jubel los. Weltrekord! Und man konnte förmlich sehen, wie eine wohl auch weltrekord-verdächtige Last von Sebastian Beutlers Schultern fiel. Ein toller Tag für Sebastian Beutler und ein toller Tag für Reporter wie mich."

Marcel Roth: Technologien und ihre Auswirkungen

"Sachsen-Anhalts Landesregierung ist deutschlandweit dafür zuständig, dass Zeugnisse und Bafög-Anträge digital erstellt werden können. Das Land hat das große Thema "Bildung" im Rahmen des Online-Zugangsgesetzes übernommen. Der Bafög-Antrag funktioniert, alles andere nicht. Und beim digitalen Schulzeugnis hatten sich Sachsen-Anhalts Landesregierung und die Bundesdruckerei wohl komplett verrannt.

Ein großer Mann mit Locken und Brille steht vor einer Betonwand.
Marcel Roth ist der Experte für Digitalthemen in der Redaktion von MDR SACHSEN-ANHALT. Bildrechte: MDR/Viktoria Schackow

Manche Experten lehnen ein digitales Zeugnis übrigens komplett ab, weil die Technologie Bildungsschranken und damit soziale Gräben zementieren würde. Noch weniger mit Ruhm bekleckert hat sich das Land bei der IT-Ausstattung der eigenen Schulen: Lehrer nutzen ihre Dienstgeräte nicht, die Schulnetze sind wegen einer Firewall zu langsam.

Nachdem wir im Sommer darüber berichtet haben, ist mir etwas passiert, was ich als Journalist noch nie erlebt habe: Ich bekam einen Brief und zwei E-Mails – alle drei anonym. Darin Vorwürfe, denen wir seit dem genauer nachgehen. Das mache ich als Technologie-Reporter nicht allein, sondern spreche mit anderen Journalisten im Haus darüber. Denn was mir 2022 wieder gezeigt hat: Wir reden zu wenig über Technologien und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft."

MDR (Lucas Riemer)

0 Kommentare

Mehr aus Sachsen-Anhalt

Heissrauchversuch 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Collage aus dem Wappen von Sachsen-Anhalt auf einer Polizeiuniform und dem Innenbecken des Bulabana-Spaßbades in Naumburg. 2 min
Bildrechte: dpa/MDR
2 min 25.04.2024 | 18:25 Uhr

Zukunftstag im MDR, Probleme mit Beweismitteln bei der Polizei, Bulabana wird umgebaut: die drei wichtigsten Themen vom 25. April aus Sachsen-Anhalt kurz und knapp. Präsentiert von MDR-Redakteurin Viktoria Schackow.

MDR S-ANHALT Do 25.04.2024 18:00Uhr 02:03 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/video-nachrichten-aktuell-fuenfundzwanzigster-april-104.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video