Russland-Ukraine-Krieg Ticker vom Sonntag: Russland greift erstmals seit April wieder Kiew an
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05. Juni 2022, 22:55 Uhr
Russland hat nach eigenen Angaben erneut Kiew mit Raketen beschossen. Zum Pfingstfest hat Papst Franziskus ein Ende der Gewalt in der Ukraine gefordert. Auf die Warnung des französischen Präsidenten Macron, Russland nicht zu demütigen, haben ukrainische Politiker mit Unverständnis reagiert. Zur Lage in der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk gibt es widersprüchliche Angaben. Mehr hier im Ticker.
Die Berichterstattung aus der Ukraine ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige unabhängige Medienvertreter im Land sind. Informationen kommen vor allem von der ukrainischen Regierung und dem Verteidigungsministerium aus Russland, die allerdings kaum unabhängig verifiziert werden können.
- Ukraine kontrolliert nach eigenen Angaben Hälfte der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk
- Moskau bestätigt Raketenangriffe auf Kiew
- Scharfe Kritik ukrainischer Politiker auf die Warnung des französischen Präsidenten Macron, Russland nicht zu demütigen
- Aktuelles, Hintergründe und Karte
22:55 Uhr | Interfax: Serbiens Nachbarn verwehren Lawrow Flug nach Belgrad
Ein für Montag geplanter Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow in Belgrad ist der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge am Widerstand mehrerer Nachbarländer Serbiens gescheitert. Bulgarien, Nordmazedonien und Montenegro hätten der russischen Regierungsmaschine einen Flug durch ihre Lufträume verweigert, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur einen hochrangigen Mitarbeiter des russischen Außenministeriums. Serbien und Russland pflegen eine enge Partnerschaft. Gleichzeitig strebt Serbien einen EU-Beitritt an.
22:10 Uhr | Gouverneur: Ukrainische Armee kontrolliert Hälfte der Stadt Sjewjerodonezk
Die ukrainische Armee hat nach Angaben der Regionalverwaltung die Hälfte der umkämpften östlichen Stadt Sjewjerodonezk wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Die Streitkräfte hätten die Hälfte der Industriestadt "von russischen Truppen gesäubert", teilte der ukrainische Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, in Internetbotschaften mit. Allerdings werde für die kommenden Tage ein größerer russischer Gegenangriff erwartet.
Nachdem sie durch eine russische Offensive auf die Stadt Sjewjerodonezk zurückgedrängt worden waren, hatten die ukrainischen Truppen dort in den vergangenen Wochen stetig an Boden zurückgewonnen. Die russischen Streitkräfte hätten jedoch den Auftrag, bis Freitag die Kontrolle über Sjewjerodonezk sowie über eine wichtige Verkehrsader zu erlangen, die die Städte Lyssytschansk und Bachmut verbindet, erklärte Gajdaj. "In den nächsten fünf Tagen wird der Beschuss mit schwerer Artillerie von russischer Seite aus stark zunehmen." Sjewjerodonezk ist die letzte größere Stadt der Region Luhansk, die Russland noch nicht erobert hat.
21:31 Uhr | Selenskyj besucht Truppen an der Front
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach Angaben seines Büros die Truppen an der Front in der Region Saporischschja besucht. Er habe den Streitkräften für ihren Dienst und den Schutz der Bevölkerung und des Staates gedankt und der gefallenen Soldaten gedacht. Vor gut einer Woche war Selenskyj in der Region Charkiw unterwegs gewesen. Er beschrieb die Situation im Osten als "unbeschreiblich schwierig".
19:59 Uhr | Eigentor: Ukraine verpasst WM-Teilnahme
Die Ukraine hat die Fußball-Weltmeisterschaft verpasst – ausgerechnet durch ein Eigentor. In Cardiff verlor das Team von Trainer Oleksandr Petrakow am Sonntag das Playoff-Finale gegen Wales mit 0:1 (0:1). Andrij Jarmolenko köpfte in der 34. Minute einen Freistoß von Wales' Kapitän Gareth Bale ins eigene Tor. Die Waliser buchten damit das letzte europäische Ticket für die WM vom 21. November bis 18. Dezember in Katar. Für die Ukraine war es das zweite Pflichtspiel seit der russischen Invasion.
18:41 Uhr | Österreich für Zwischenschritt bei EU-Beitritt der Ukraine
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich für die Ukraine für einen Zwischenschritt zwischen Zusammenarbeit und EU-Vollbeitritt ausgesprochen. "Uns eint das gleiche Ziel, wir alle wollen eine starke, unabhängige und wirtschaftlich erfolgreiche Ukraine", teilte das Kanzleramt mit. Die Ukraine kämpfe derzeit um ihr politisches und territoriales Überleben, in erster Linie müsse der russische Angriffskrieg beendet werden. "In so einer Phase kann ein schneller Vollbeitritt zur Union ohnehin kein akutes Thema sein." Daher plädiere er für einen "europäischen Vorbereitungsraum" zur Annäherung an die Standards der EU und eine schrittweise Stärkung der Zusammenarbeit mit der EU.
Update 16:27 Uhr | Moskau bestätigt Angriffe auf Kiew
In seinem Lagebericht hat das russische Militär am Sonntag die Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew bestätigt. Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, erklärte, am Rande Kiews seien von osteuropäischen Ländern gelieferte Panzer vom Typ T-72 und andere Militärtechnik zerstört worden. Sie seien in einem Werk für die Reparatur von Eisenbahnwaggons untergebracht gewesen. Kiews Bahnchef Olexander Kamyschin wies das zurück: Es habe keine Panzer dort gegeben. Nach seinen Angaben schlugen dort vier Raketen ein.
Zuvor hatten Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko und der ukrainische Generalstab von mehreren Raketenschlägen in bzw. nahe Kiew berichtet. Nach Angaben von Klitschko musste ein Verletzter im Krankenhaus behandelt werden. Nach Darstellung des ukrainischen Generalstabs wurden die Raketen von Bombern über dem Kaspischen Meer abgefeuert.
14:13 Uhr | Getreidenotstand belastet Verhältnis afrikanischer Länder zu Russland
Als der Ukraine-Krieg begonnen hatte, titelte Kenias größte Tageszeitung: "Die Krise wird Afrika in den Hunger treiben." Nun bewahrheitet sich das – Getreidelieferungen bleiben aus, die Preise für Lebensmittel sind in die Höhe geschossen. Für die durchaus guten Beziehungen vieler afrikanischer Länder zu Russland ist das eine Belastung. Ein Kommentar von Antje Diekhans, ARD-Korrespondentin für Ost- und Zentralafrika:
13:20 Uhr | Pfingstmesse: Papst fordert Verhandlungen für Waffenstillstand
Papst Franziskus hat zum Pfingstfest ein Ende der Gewalt in der Ukraine gefordert. "Während die Wut der Zerstörung und des Sterbens grassiert und die Gegensätze aufflammen und eine immer gefährlichere Eskalation für alle nähren, erneuere ich meinen Appell an die Verantwortlichen der Nationen: Bitte, stürzt die Menschheit nicht ins Unglück", sagte das 85 Jahre alte Oberhaupt der katholischen Kirche vor zahlreichen Gläubigen in Rom.
Der Papst forderte, konkrete Verhandlungen für einen Waffenstillstand und eine nachhaltige Lösung aufzunehmen. Auf die Kriegspartei Russland ging der Heilige Vater nicht ein, nannte sie auch wie schon zuvor nicht beim Namen.
12:42 Uhr | Japan erwägt Teilnahme an Nato-Gipfel
Japans Ministerpräsident Fumio Kishida erwägt Insidern zufolge zur besseren Koordinierung mit westlichen Staaten eine Teilnahme am anstehenden Nato-Gipfel Ende Juni in Madrid. Für Japan wäre das ein ungewöhnlicher Schritt, obwohl Kishida Russland wegen der Invasion der Ukraine mehrfach verurteilt hat.
In der Vergangenheit haben japanische Regierungschefs gegenüber Russland wegen des jahrzehntelangen Disputs über die Kurilen-Inseln eher einen vorsichtigen Ton angeschlagen. Ein Regierungssprecher äußerte sich zu den Informationen nicht.
11:45 Uhr | Russland: Haben Panzer bei Kiew zerstört
Russland hat nach eigenen Angaben am Stadtrand von Kiew Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Diese seien von europäischen Ländern an die Ukraine geliefert worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Die ukrainische Hauptstadt wurde am Morgen von mehreren Explosionen erschüttert.
11:34 Uhr | Landwirte fordern Düngemittelreserve
Angesichts des Krieges in der Ukraine sehen die deutschen Landwirte die Verfügbarkeit von Dünger in Gefahr. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, verwies in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" darauf, dass die Herstellung von Stickstoffdünger sehr gasintensiv sei. "Ohne Stickstoffdünger gehen die Erträge auf dem Acker signifikant runter. Da reden wir über 30 oder 40 Prozent." Für den Fall eines russischen Gas-Embargos müsse die Landwirtschaft daher bei Gaslieferungen priorisiert werden, forderte Rukwied. Zudem müsse Deutschland eine Düngemittelreserve für den Notfall aufbauen – "ähnlich wie es ja auch eine Ölreserve gibt", sagte Rukwied.
10:39 Uhr | Putin droht mit neuen Angriffszielen
Russlands Präsident Wladimir Putin hat vor der Lieferung von Langstreckenraketen an die Ukraine gewarnt. Die russischen Streitkräfte würden in diesem Fall neue Ziele ins Visier nehmen, sagte Putin nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. Sollten Langstreckenraketen an die Ukraine geliefert werden, "dann werden wir die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen und unsere Waffen einsetzen (...), um Objekte zu treffen, die wir bisher nicht getroffen haben", zitierten die Agenturen den russischen Staatschef. Er machte keine genaueren Angaben, welche potenziellen Ziele er damit meint.
08:50 Uhr | Britische Regierung: Ukraine unternimmt Gegenangriff in Sjewjerodonezk
In der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Donbass haben die ukrainischen Truppen nach britischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden einen Gegenangriff unternommen. Dieser Schritt werde vermutlich die operative Dynamik der russischen Streitkräfte schwächen, die sie zuvor durch die Konzentration von Kampfeinheiten und Feuerkraft gewonnen hätten, teilte das Verteidigungsministerium auf Twitter mit und zitierte aus dem regelmäßigen Geheimdienstbericht.
Nach Angaben des Gouverneurs von Luhansk, Serhij Gaidai, ist Sjewjerodonezk wieder zur Hälfte unter der Kontrolle der ukrainischen Truppen. Eine unabhängige Bestätigung der Angaben ist derzeit nicht möglich.
Update 08:31 Uhr | Kiew meldet Raketenbeschuss
Russland hat nach Angaben des ukrainischen Generalstabs am Morgen die Hauptstadt Kiew und einen Vorort erneut mit Raketen beschossen. Es seien militärische und zivile Infrastruktur getroffen worden, teilte die Militärführung in Kiew mit. Nach ukrainischen Behördenangaben galt der russische Angriff offenbar dem Eisenbahnnetz.
Auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete in seinen Telegram-Kanal von Raketenschlägen. Betroffen waren demnach die Stadtbezirke Darnyzja im Südosten und Dnipro im Westen der Millionenmetropole. Es gebe nach bisherigem Stand einen Verletzten, der im Krankenhaus behandelt werde, aber keine Toten, sagte Klitschko. Einsatzkräfte waren demnach an Ort und Stelle.
07:11 Uhr | Steigende Arbeitslosenzahlen durch Ukraine-Flüchtlinge erwartet
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet offenbar mit steigenden Arbeitslosenzahlen wegen der Flüchtlinge aus der Ukraine. In einer vertraulichen "Szenariorechnung" geht die Behörde von ungefähr "410.000 ukrainischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten" in den kommenden Wochen aus, wie die "Welt am Sonntag" berichtet. Zum Jahresende erwartet die BA demnach 746.000 ukrainische erwerbsfähige Leistungsberechtigte in den Jobcentern.
Die Ukraine-Flüchtlinge – überwiegend Frauen mit Kindern – dürfen seit dem 1. Juni in die normale Grundsicherung wechseln, die auch einheimische Arbeitslose und anerkannte Asylbewerber erhalten.
06:00 Uhr | Mehrere Explosionen in Kiew
Am frühen Sonntagmorgen haben sich in der ukrainischen Hauptstadt Kiew heftige Explosionen ereignet. Das berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend. Reuters meldet unter Berufung auf einen Augenzeugen Rauch über der Stadt. Zuvor seien in weiten Teilen der Ukraine, auch in der Region Kiew, Luftschutzsirenen zu hören gewesen. Auch der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, berichtete auf Telegram über mehrere Explosionen in zwei Stadtteilen. "Mehrere Explosionen in den Stadtbezirken Darnyzky und Dniprowsky", teilte Klitschko mit.
03:56 Uhr | Ukraine meldet Erfolge bei Gegenoffensive in Sjewjerodonezk
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben am Samstag in einer Gegenoffensive einen Teil der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk zurückerobert. Moskau teilte dagegen mit, die russischen Truppen machten in der Stadt Fortschritte. Der Bürgermeister von Sjewjerodonezk, Olexandr Strijuk, sagte im staatlichen Fernsehen, die Straßenkämpfe seien am Samstag den ganzen Tag über fortgesetzt worden. Die Situation sei angespannt und kompliziert. "Unser Militär tut alles, was es kann, um den Feind aus der Stadt zu vertreiben", sagte er. Doch es gebe einen Mangel an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten.
01:25 Uhr | Nouripour will Sieg der Ukraine
Grünen-Chef Omid Nouripour hat einen Sieg der Ukraine im Krieg gegen Russland als Ziel genannt. "Die Ukrainer müssen ihre Souveränität, ihre territoriale Integrität und ihre Freiheit zurückerlangen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wir werden keinen Quadratzentimeter okkupierten ukrainischen Bodens anerkennen." Die Frage, ob die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen solle, beantwortete Nouripour mit "Ja". Er fügte hinzu, man sage der Ukraine aber nicht, was sie zu tun habe. Wenn sie diese Territorien zurückerobern wolle, dann unterstütze man sie. Und wenn sie verhandeln wolle, dann unterstütze man sie auch.
01:08 Uhr | Kiew reagiert mit scharfer Kritik auf Macron
Ukrainische Diplomaten und Politiker haben die Warnung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Russland nicht zu demütigen, scharf kritisiert. "Denn Russland demütigt sich selbst", schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. "Wir alle sollten uns besser darauf konzentrieren, wie wir Russland in die Schranken weisen können." Präsident Selenskyj sagte, es gebe eine Person in Moskau, die die schrecklichen Folgen des Krieges mit einem kurzen Befehl stoppen könne. Aber die Tatsache, dass es diesen Befehl immer noch nicht gebe, sei offensichtlich eine Demütigung für die ganze Welt.
00:00 Uhr | Ticker am Sonntag, 05. Juni 2022
Guten Morgen, in unserem Ticker halten wir Sie über die aktuellen Entwicklungen im Krieg in der Ukraine auf dem Laufenden. Alle wichtigen Nachrichten erscheinen im Laufe des Tages hier.
Quellen: u.a. AFP, dpa, Reuters, MDR
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. Juni 2022 | 06:00 Uhr